Probleme lösen II

Es gibt den Erkenntnisprozess in zwei verschiedenen Ausprägungen, die sich in ihrer Herangehensweise unterscheiden:
1. Probleme lösen
2. Blockaden lösen
Ich beziehe mich zunächst auf die Lösung von Problemen, weil das auch tendenziell der Reihenfolge in der Anwendung entspricht:

Ein "Problem" ist ein negativer Lebensumstand oder ein fortschreitender Prozess mit negativem Verlauf. "Negativ" bedeutet: "nicht den Interessen des Betroffenen entsprechend".

Ich hatte ja bereits auf eine Grundfunktion der Psyche hingewiesen, welche ich als "Zukunftsprojektion" bezeichnet hatte: Die Psyche simuliert auf der Grundlage ihrer Weltsicht die weitere Entwicklung und leuchtet dadurch wie mit einem Scheinwerfer ihre Zukunft aus. Anschließend erfolgt eine Bewertung der Zukunftsprojektion. Fällt die Bewertung negativ aus, was so viel bedeutet wie "entspricht nicht meinen Interessen", dann liegt ein Problem vor.

Ein Problem erfordert Gegenmaßnahmen, um die negativen Lebensumstände zu beseitigen oder den negativen Verlauf abzuwenden. Das heißt, es muss Energie aufgewendet werden, um das Problem aus der Welt zu schaffen. Würde man annehmen, dass das Problem von alleine wieder verschwindet, ohne dass etwas dagegen unternommen werden muss, dann wäre es kein Problem.

Nachdem die Gegenmaßnahmen in die Wege geleitet wurden, sind 3 Szenarien denkbar:

  1. Das Problem wurde erfolgreich und dauerhaft aus der Welt geschafft. Es sind keine weiteren Gegenmaßnahmen und keine weitere Beschäftigung mit dem Problem nötig.
  2. Das Problem verschwindet - aber nur vorübergehend. Um es dauerhaft aus dem Weg zu schaffen, müssen die Gegenmaßnahmen wiederholt oder dauerhaft aufrechterhalten werden.
  3. Das Problem bleibt ungeachtet aller Gegenmaßnahmen bestehen oder es verschärft sich sogar immer weiter, egal was dagegen unternommen wird.

In meiner Definition gilt ein Problem nur in Fall 1 als gelöst. Im Rahmen der wissenschaftlichen Weltsicht ist der Mensch aber mit immer mehr Problemen der Fälle 2 und 3 konfrontiert:

Fall 2:
Eine Aufrechterhaltung der scheinbaren Problemlösung ist nur durch dauerhafte Anstrengungen möglich. Hier zählen zum Beispiel alle Formen von Krankheiten dazu, welche die fortgesetzte Einnahme von Medikamenten erfordern.

Fall 3:
Dauerhafte Anstrengungen ohne den geringsten Erfolg einer Verbesserung.

Wenn man bereit ist, aus seinen Illusionen aufzutauchen, dann sieht man, dass das geradezu das grundlegende Wesensmerkmal der wissenschaftlichen Weltsicht ist: unendliche, ewig andauernde, fruchtlose Anstrengungen zur Lösung von Problemen, die sich auf diese Weise aber nicht lösen lassen wollen. Es handelt sich um ein dauerhaftes Muster mit immer weiter zunehmender Intensität. Die Menschheit steuert auf eine Art "Überlastungskollaps" zu. Die zahlenmäßig und in ihrer Ausdehnung immer weiter zunehmenden Probleme erfordern immer mehr und intensivere Gegenmaßnahmen.

Ich bezeichne die Anstrengungen, welche die Probleme entweder gar nicht oder wenn dann immer nur kurzfristig lösen können, als "Aktionismus". Man tut einfach irgendwas, weil die tatsächliche Lösung der Probleme nicht bekannt ist.

"Aktionismus" sind Anstrengungen zur Lösung eines Problems, dessen Ursache und Lösung nicht bekannt sind.

Der Aktionismus wird am Leben erhalten durch die Illusion, dass man das Problem auf diese Weise in Zukunft noch lösen wird. Aber das genaue Gegenteil ist der Fall: Der Aktionismus löst das Problem nicht nur nicht, sondern er verstärkt im Gegenteil die negativen Auswirkungen des Problems.

Der Einstieg in den Erkenntnisprozess besteht nun darin, den Aktionismus einzustellen und mit den sinnlosen Problemlösungsversuchen einfach aufzuhören.

nächstes Kapitel: Aktionismus einstellen (Erkenntnisprozess)