Die verlorene Energie

Meine Behauptung, die Welt würde sich gar nicht so negativ verhalten, wie der Mensch immerzu annimmt, führt bei den meisten Menschen sofort zu einer Gegenfrage:

Warum geschieht dann aber so viel Negatives in der Welt?

Das ist die gleiche Frage, die auch immer wieder aufkommt, wenn Menschen über religiösen Glauben sprechen, von denen einer an die Existenz eines Schöpfers glaubt und ein anderer nicht:

"Wie kann es einen Schöpfer geben, wenn so viel Schlimmes in der Welt geschieht?"

So stelle ich die Frage aber nicht. Ich hatte im vergangenen Kapitel einfach nur behauptet, im Erkenntnisprozess würden sich negative Zukunftsprojektionen als falsch herausstellen. Und daraus ergibt sich natürlich die Frage:

Wo kommen dann all die negativen Entwicklungen her, mit denen der Mensch ganz real konfrontiert ist?

Sie resultieren aus einer Weltsicht, welche die wirklich drängenden Probleme nicht lösen kann und welche zusätzlich zu den tatsächlichen Problemen auch noch einen Haufen Scheinprobleme hervorbringt:

  1. Dadurch kennt der Mensch die tatsächlichen Ursachen der Probleme nicht und kann sie deshalb auch nicht beseitigen
  2. Der Aktionismus, der ohne Kenntnis der eigentlichen Ursachen die Probleme zu lösen versucht, beschleunigt die negativen Entwicklungen noch einmal zusätzlich.

Wir haben also die paradoxe Situation, dass genau das Verhalten, welches die Probleme eigentlich beseitigen soll, sie zum größten Teil überhaupt erst erzeugt. Warum ist das so?

Um das zu veranschaulichen, möchte ich auf das Ich-Welt-Modell zurückkommen:

Das Ich versucht also, in der Welt eine Wirkung zu erzielen. Dafür setzt es seine Energie ein. Ob dieser Energieeinsatz die gewünschte Wirkung erreicht oder nicht, hängt davon ab, ob die Weltsicht im relevanten Bereich mit der Realität übereinstimmt oder nicht:

Weltsicht = Realität => volle Wirkung

Weltsicht ≠ Realität => keine Wirkung (Das ist u.a. das Szenario von Aktionismus)

(Zeichenerklärung: = ist gleich, ≠ ist ungleich, => daraus folgt)

In der Realität gibt es aber auch die Abstufungen zwischen den beiden Extremen, so dass die vollständige Darstellung lautet:

Das Maß an Übereinstimmung von Weltsicht und Realität bestimmt die Effektivität des Energieeinsatzes. Je höher das Maß an Übereinstimmung von Weltsicht und Realität, um so höher die Effektivität des Energieeinsatzes.

Diese Sichtweise unterscheidet sich bereits erheblich von der wissenschaftlichen Weltsicht. Im Rahmen der wissenschaftlichen Weltsicht ist es vollkommen normal, viel Energie einzusetzen, damit keine Wirkung zu erzielen und trotzdem an der Richtigkeit der zugrunde liegenden Ideen festzuhalten. Das liegt daran,

Wenn Weltsicht und Realität nicht oder nur teilweise übereinstimmen, dann wird die eingesetzte Energie nicht oder nur teilweise in Wirkung umgesetzt. Wenn wir nun den Energieerhaltungssatz aus der Physik auf menschliche Energie anwenden, taucht sofort die Frage auf:

Aber wo ist die Energie, die nicht zu Wirkung wurde, denn dann geblieben?

Und nun nähern wir uns dem Teil der Realität, den die wissenschaftliche Weltsicht nicht erfassen kann, weil sie ihn irrtümlicherweise für irrelevant hält. Wir kommen jetzt zu den Wirkungen, die der Mensch permanent zu seinem Nachteil erzeugt, ohne sich dessen bewusst zu sein. Wir kommen zu den Verhaltens-bestimmenden Faktoren (auf Seiten der Welt), die aus Sicht der wissenschaftlichen Weltsicht später wie Zufall aussehen.

Die "menschliche Energie" oder der "menschliche Energieeinsatz" an sich ist ja schon eine Größe, die der Wissenschaft suspekt ist, weil sie sie nicht messen kann. Und dennoch ist sie aber da. Jeder Mensch weiß über seine innere Wahrnehmung selbst in aller Klarheit, wann er Energie eingesetzt hat, um irgendwas zu erreichen. Und jeder Mensch weiß auch in aller Klarheit, wann er die gewünschte Wirkung dann doch nicht erzielt hat. Und trotzdem ist es für die meisten Menschen vollkommen normal, permanent Energie einzusetzen, ohne eine Wirkung zu erzielen. Aber niemand fragt sich, wo diese Energie dann bleibt!

Energie kann nicht verschwinden. Ob man die Energie nun messen kann oder nicht - der Energieerhaltungssatz gilt absolut unerbittlich.

Und wir müssen die Energie auch nicht messen, weil wir ja die innere Wahrnehmung haben. Die innere Wahrnehmung liefert absolut präzise Informationen, wo Messgeräte nicht weiterkommen. Die innere Wahrnehmung eröffnet den Zugang zu einer ganzen neuen Welt an Erkenntnis, an Handlungsfähigkeit und an Bedeutung. Ich nenne diesen Teil der Welt "die unsichtbare Realität". Es ist die Welt der nicht-materiellen und damit nicht messbaren Zusammenhänge. Und hier finden wir auch die scheinbar verlorene Energie wieder. Leider wird uns in vielen Fällen nicht gefallen, was sie angestellt hat.

Das Ich setzt in Form seines Verhaltens seine Energie ein, um Wirkungen zu erzielen. Je nachdem, ob die Weltsicht im relevanten Bereich mit der Realität ganz, teilweise oder gar nicht übereinstimmt, erreicht das Ich die angestrebte Wirkung ganz, teilweise oder gar nicht.

Das Ich wirkt also über sein Verhalten auf die Welt ein und dieses Verhalten wird durch die Weltsicht des Ich bestimmt. In anderen Worten könnte man auch sagen:

Das Ich projiziert mit seiner Energie und durch sein Verhalten seine Weltsicht auf die Welt:

Ich -> Energie -> Weltsicht -> Verhalten (Ich) -> Welt

Und das verändert das Verhalten der Welt: Es kommt zu einer Verzerrung des Verhaltens der Welt in Richtung der Weltsicht des Ich. Die Welt nähert sich in ihrem Verhalten den Erwartungen des Ich an. Das ist, was die scheinbar verschwundene Energie macht. Ich spreche von einer "Verzerrung" weil es sich nicht notwendigerweise um eine dauerhafte Verhaltensänderung auf Seiten der Welt handelt. Sie besteht nur, solange das Ich diesen Einfluss über seinen Energieeinsatz aufrechterhält. Wird dieser Einfluss unterbrochen, entwickelt sich das Verhalten der Welt zurück in seine natürliche Ausgangslage, wie es ohne den Einfluss des Ich war. Es ist eine der Wirkungen des Erkenntnisprozesses, diesen Einfluss zu durchbrechen, wenn er sich negativ auswirkt.

Wenn also das Ich der Welt eine negative Entwicklung unterstellt, die eigentlich gar nicht der Realität entspricht und dann aufgrund dieser falschen Annahme in Aktionismus verfällt, dann projiziert es damit seine Erwartung einer negativen Entwicklung auf die Welt. Die Welt wiederum beginnt auf Grund dessen, sich in einem schrittweisen, schleichenden Prozess mit ihrem Verhalten an die negativen Erwartungen des Ich anzunähern. Das heißt, das Verhalten der Welt verändert sich zum Negativen.

Das Verhalten des Ich bedeutet einen Energieeinsatz. Die hinter diesem Verhalten stehenden Ideen lenken die eingesetzte Energie. Der Energieeinsatz "sendet" bzw. überträgt die Ideen an das Zielobjekt des Verhaltens, das daraufhin in seinem Verhalten von den Ideen beeinflusst wird.

Man könnte auch sagen: "Die negativen Erwartungen des Ich werden durch den Aktionismus zur Realität." Es ist aber eigentlich keine "richtige Realität". Man müsste eher von einer "verzerrten" oder "verformten" Realität sprechen, weil dieses Verhalten nicht den "entspannten Ruhezustand" der Welt darstellt, sondern eine durch den Energieeinsatz des Ich hervorgerufene Abweichung, die sich zurückbildet, wenn der Aktionismus eingestellt wird.

Das Paradoxe ist aber, dass das Ich nicht weiß, dass es die negativen Wirkungen selbst hervorgerufen hat, sondern sie stattdessen für eine Bestätigung seiner falschen Annahmen hält. Und wenn die negativen Entwicklungen tatsächlich eintreten, kommt es noch mal zu einer Intensivierung des Aktionismus. Das wiederum verstärkt die negativen Auswirkungen weiter. Ich bezeichne das als "negative Spirale":

  1. Das Ich nimmt eine negative Entwicklung an, die eigentlich nicht der Realität entspricht.
  2. Die Annahme einer negativen Entwicklung führt zu Aktionismus.
  3. Der Aktionismus erzeugt die negative Entwicklung tatsächlich, die es ohne den Aktionismus nicht gegeben hätte.
  4. Wenn die negative Entwicklung eintritt, weiß das Ich nicht, dass es sie mit seinem Aktionismus selbst erzeugt hat, sondern hält sie vielmehr für eine Bestätigung seiner falschen Annahmen.
  5. In der Folge verstärkt das Ich den Aktionismus, weil es meint, noch stärker gegen die negativen Entwicklungen ankämpfen zu müssen.
  6. Das wiederum verstärkt die negativen Entwicklungen nochmals. Und wieder meint das Ich, seinen Aktionismus verstärken zu müssen usw. usf.

Für den Menschen auf seiner gegenwärtigen Entwicklungsstufe gibt es keinen Ausweg aus dieser verhängnisvollen Entwicklung. Der Ausweg besteht in der inneren Wahrnehmung und dem Erkenntnisprozess.

Das soeben dargestellte negative Szenario ist aber nur ein Spezialfall des allgemeineren Zusammenhangs:

Das Ich projiziert über sein Verhalten seine Weltsicht auf die Welt, die sich daraufhin in ihrem Verhalten der Weltsicht des Ich in einem schrittweisen, schleichenden Prozess annähert.

Anmerkung: Ein einzelnes Ich verändert natürlich nicht "die ganze Welt", sondern nur den auf sich selbst bezogenen Teil der Welt. Wenn aber die überwiegende Anzahl aller Ichs an den gleichen falschen Ideen festhält, dann verändert das das Verhalten "der ganzen Welt".

Das ist der allgemeine Mechanismus. Diesen kann man auch positiv nutzen, um das Verhalten der Welt im Sinne der eigenen Interessen zu "verzerren". Auf diese Weise kann man zum Beispiel die Entwicklung eines Kindes sehr effektiv fördern (aber auch negativ verstärken). Es lassen sich mehrere Szenarien unterscheiden. Um das darzustellen, möchte ich zunächst noch ein paar begriffliche Dinge klären:

Wenn das Ich mit seinem Verhalten auf die Welt einzuwirken versucht und dabei seine Weltsicht auf die Welt projiziert, erzielt es zwei Arten von Wirkungen, die ich als "unmittelbare" und "langfristige" Wirkung unterscheiden möchte:

  1. Die unmittelbare Wirkung ist die Wirkung, die das Ich mit seinem Verhalten ganz bewusst anstrebt. Diese Wirkung entfaltet sich auf materielle (messbare) Weise. Sie wird in dem Maße erreicht, wie die Weltsicht des Ich mit der Realität übereinstimmt. Wenn es keine Überlappungen von Weltsicht und Realität gibt, ist die unmittelbare Wirkung nicht vorhanden bzw. die unmittelbare Wirkung stimmt nicht mit der angestrebten Wirkung überein. Letzteres wären ungewollte Resultate.
  2. Die langfristige Wirkung ist die Verzerrung im Verhalten der Welt, die entsteht, wenn Weltsicht und Realität voneinander abweichen. Diese Wirkung entfaltet sich auf nicht-materielle (nicht messbare) Weise. Wenn Weltsicht und Realität vollständig übereinstimmen, ist die langfristige Wirkung nicht vorhanden.

Um so größer die unmittelbare Wirkung bei einer hohen Übereinstimmung von Weltsicht und Realität, um so, kleiner die langfristige Wirkung und umgekehrt.

Neben Weltsicht und Realität möchte ich jetzt noch eine 3. Größe einführen: das "Interesse des Ich". Das "Interesse des Ich" ist, wie das Ich das Verhalten der Welt idealerweise gerne hätte.

Die verschiedenen Szenarien unterscheiden sich dadurch, wie Weltsicht und Realität zueinander und zum Interesse des Ich in Relation stehen.

Das Lieblingsszenario des Ich ist, wenn alle 3 Komponenten übereinstimmen: Realität = Weltsicht = Interesse des Ich

In diesem Fall muss das Ich gar nichts tun und hat auch keine unerwünschten Überraschungen aus seiner Untätigkeit zu befürchten. Alles läuft bestens, ohne dass das Ich eingreifen muss. In einer Welt, deren Verhalten von Zufällen und Naturgesetzen bestimmt wird, wäre dieses Szenario allerdings sehr unrealistisch.

Kurze Zwischenanmerkung:

So wie ich die Begriffe "Realität", "Weltsicht" und "Interesse des Ich" hier verwende, geht es nicht um "die ganze Realität" oder "die ganze Weltsicht", sondern immer um einen ganz spezifischen Ausschnitt davon, so wie er sich zum Beispiel in einem konkreten Problem manifestiert. Meine Ausführungen sind an dieser Stelle sehr abstrakt. Später werden spezifische Muster und konkrete Beispiele folgen. Aber für dieses Buch habe ich mich im Gegensatz zu früheren Texten dafür entschieden, die theoretischen Zusammenhänge erst einmal vollständig darzustellen, so abstrakt das auch zunächst erscheinen mag.

Für das Ich ist entscheidend, ob die Verzerrung der Realität in Richtung seiner Interessen stattfindet oder davon weg:

1. Wenn die Weltsicht näher am Interesse des Ich dran ist als die Realität

Interesse des Ich - Weltsicht - Realität

dann kommt es zu einer "positiven Verzerrung". Das Verhalten der Welt wird in Richtung der Interessen des Ich verzerrt. Das bedeutet, dass die Energie, die nicht unmittelbar in Wirkung umgesetzt wird, dennoch den Interessen des Ich in der langfristigen Wirkung zugutekommt. Diesen Fall kann man zum Beispiel nutzen, um die Entwicklung von Kindern positiv zu unterstützen. (Allerdings darf man sich auch in positiver Richtung nicht zu weit mit der Weltsicht von der Realität entfernen, weil die unmittelbare Wirkung des Verhaltens sonst verloren geht.)

Flapsig ausgedrückt bedeutet dieser Fall: Das Ich hält die Welt für besser als sie ist und das bewirkt eine schrittweise (schleichende) Veränderung des Verhaltens der Welt zum Positiven.

2. Wenn die Realität näher am Interesse des Ich dran ist als die Weltsicht

Interesse des Ich - Realität - Weltsicht

dann kommt es zu einer "negativen Verzerrung". Das Verhalten der Welt entfernt sich immer weiter vom Interesse des Ich. Das bedeutet, dass die Energie, die nicht unmittelbar in Wirkung umgesetzt wird, langfristig zu einer immer weiteren Verschlechterung der Situation führt, die irgendwann nicht mehr kompensiert werden kann und zu irgendeiner Art von Kollaps führt. Das ist der Fall, zu dem die Probleme gehören.

Flapsig ausgedrückt bedeutet dieser Fall: Das Ich hält die Welt für schlechter als sie ist und das bewirkt eine schrittweise (schleichende) Veränderung des Verhaltens der Welt zum Negativen. Die wissenschaftliche Weltsicht ist mit einer Sichtweise verbunden, die dazu neigt, immer das Schlechtestmögliche anzunehmen und Vorkehrungen zu treffen (Aktionismus). Und genau daraus ergibt sich eine negative Entwicklung, in der Probleme und Krisen immer weiter zunehmen, bis es der Menschheit individuell und global völlig "über den Kopf wächst".

Man kann sich zur leichteren Interpretation meiner Darstellung der beiden Fälle
1. Interesse des Ich - Weltsicht - Realität
2. Interesse des Ich - Realität - Weltsicht
die Weltsicht wie einen Magneten vorstellen, der die Realität zu sich hinzieht. Aktiviert wird die magnetische Wirkung durch das Verhalten bzw. den Energieeinsatz. Das bedeutet auch: Teile der Weltsicht, die sich nicht auf das Verhalten auswirken, üben auch keinen Einfluss auf die Realität aus.

Jeder Mensch kennt die hier beschriebenen Effekte sowohl negativ als auch positiv aus beiden Perspektiven heraus:

Denn jeder Mensch ist sowohl "Ich" als auch "Welt" in Bezug auf die Interaktionen anderer mit ihm.

Das Ich-Welt-Modell ist ja ein sehr abstraktes Modell. "Welt" kann sein:

Was bedeutet es nun, wenn ein Mensch in der Rolle "der Welt" ist und andere sein Verhalten durch ihre Weltsicht verzerren?

Jeder Mensch hat schon erlebt, wie er sich in Gegenwart mancher Menschen minderwertig und unfähig vorkommt und in Gegenwart anderer aber stark und kompetent. Das ist der Einfluss, den die Sicht anderer Menschen auf einen selbst hat. Dieser Einfluss ist um so größer, je stärker das Verhalten bzw. die Entscheidungen der anderen mit unseren eigenen Interessen verknüpft sind.

Dass Menschen untereinander so einen Einfluss ausüben können, ist sicher für viele Menschen noch einleuchtend, dass der Zusammenhang aber ganz allgemein für die "ganze Welt" (alle Elemente der menschlichen Wahrnehmung) gelten soll, kann man sich nicht so leicht vorstellen:

Wie soll ein "Haufen toter Steine" auf das Verhalten des Menschen reagieren, wenn dieser Einfluss nicht unmittelbar physisch (materiell und messbar) erfolgt?

Das ist eben das Problem mit der wissenschaftlichen Weltsicht, dass sie das Wesen dieser Welt nur äußerst unvollständig und unzutreffend wiedergibt:

Alles, was im Universum existiert, ist in der Lage auf Ideen zu reagieren - auch wenn nicht alle Elemente der Welt das in gleich starkem Maße tun. Und so beeinflusst der Mensch permanent seine Umwelt, ohne davon zu wissen, indem er über sein Verhalten die Ideen seiner Weltsicht nach außen sendet. Ich bezeichne das auch als "die Funkverbindung":

Das Ich sendet mit seinem Verhalten die Ideen seiner Weltsicht an die Welt und diese reagiert darauf, indem sie in ihrem Verhalten dazu hingezogen wird.

Es ist das große Defizit der wissenschaftlichen Weltsicht, dass sie den Bereich der Realität, in dem die eigentlich interessanten Dinge geschehen, komplett aus ihrer Betrachtung verbannt hat.

Man sieht an dieser Stelle auch, wie die Erkenntnisse der Ur-Wissenschaft (Naturgesetze) und die hier dargestellten Zusammenhänge zusammenwirken:

Die Materie ist in ihrem Verhalten den mathematisch exakten Naturgesetzen unterworfen - aber eben nur zum Teil! Es gibt in den Naturgesetzen eine Lücke: die Zufallslücke! Und genau in dieser Zufallslücke spielt sich der Einfluss des Bewusstseins (z.B. in Form des Ich) auf die Materie ab, den ich in diesem Kapitel beschreibe. Die Naturgesetze haben dabei eine Struktur-gebende Funktion. Sie geben den Rahmen vor, in dem der Mensch agiert. Sie sind wie Spielregeln. Sie sind Teil der Regeln für das Spiel "Die materielle Existenz des Menschen (des Ich) auf der Erde".

Der Mensch kann auf das Verhalten der ihn umgebenden materiellen Welt sowohl auf eine direkte materielle Weise einwirken, indem er die Naturgesetze nutzt, als auch auf eine indirekte nicht-materielle Weise, indem er über sein Verhalten seine Weltsicht auf die Welt projiziert. Bei der ersten Variante bewegt man sich in den Naturgesetzen und bei der zweiten Variante in der Lücke, welche die Naturgesetze lassen (Zufallslücke). Auf der gegenwärtigen Stufe seiner Entwicklung ist der Mensch sich dieser zweiten Art seiner Einflussnahme auf das Verhalten der Materie nicht bewusst, weshalb es sich häufig zu seinem Nachteil auswirkt. Auf der nächsten Entwicklungsstufe wird es darum gehen, die Kontrolle über diese Art der Einflussnahme zu erlangen.

Bis hierher hatte ich den Zusammenhang auf eine sehr allgemeine Weise dargestellt: "Das Ich projiziert über sein Verhalten seine Weltsicht auf die Welt." Schauen wir uns diesen Zusammenhang noch einmal etwas detaillierter an. Ich hatte ja bereits einiges über den Aufbau einer Weltsicht gesagt und die Ideen der Weltsicht in "Konzepte" und den "theoretischen Überbau" unterteilt: Der theoretische Überbau erklärt, wie die Welt funktioniert:

Situation A => Verhalten B (Welt)

Das bedeutet: "In Situation A zeigt die Welt Verhalten B."

Die Konzepte setzen dieses Wissen in konkrete Verhaltensdirektiven für den Menschen um, indem sie Situationen mit Verhalten und Resultaten verknüpfen:

"Wenn das Ich in Situation X das Verhalten Y an den Tag legt, dann kommt das Resultat Z heraus."

oder in Kurzform:

Situation X + Verhalten Y (Ich) = Resultat Z

Das heißt, jedes Konzept, welches das Ich einsetzen könnte, ist mit Ideen des theoretischen Überbaus verknüpft, die von einem bestimmten Verhalten der Welt ausgehen. Man könnte auch sagen, dass die Ideen des theoretischen Überbaus den Einsatz der Konzepte antreiben: Weil die Welt so und so funktioniert (theoretischer Überbau), muss "ich" jetzt das und das tun (Konzept). Wenn also jetzt das Ich ein bestimmtes Konzept zur Anwendung bringt, indem es in der entsprechenden Situation das zugeordnete Verhalten praktisch einsetzt, dann projiziert es damit die Ideen des theoretischen Überbaus auf die Welt. Und das wiederum führt dazu, dass sich die Welt mit ihrem tatsächlichen Verhalten dem Verhalten annähert, das ihr im entsprechenden Teil des theoretischen Überbaus zugeschrieben wird.

Kürzer ausgedrückt: Das Ich projiziert mit seinem eigenen Verhalten seine Vorstellungen vom Verhalten der Welt auf die Welt und diese nähert sich daraufhin mit ihrem realen Verhalten dem aufprojizierten Verhalten an.

Die Welt tut das nicht freiwillig. Es ist eine Art Zwang. Man erkennt das, wenn man zu sehen beginnt, wie man selbst durch die Sichtweise anderer Menschen auf sich beeinflusst wird. Die negative Ausprägung dieses Mechanismus wird in der Mythologie als "Fluch" bezeichnet. Auch als Mensch kann man sich diesem Einfluss auf der gegenwärtigen Stufe der Entwicklung nicht entziehen. Durch die wiederholte Anwendung des Erkenntnisprozesses und die daraus resultierende Entwicklung der inneren Wahrnehmung wird allerdings eine höhere Entwicklungsstufe erlangt. Diese bringt es mit sich, dass man den negativen (und seltener auch positiven) Einfluss anderer auf das eigene Verhalten wahrzunehmen beginnt und sich dann bis zu einem gewissen Grad davon abkoppeln kann. Dies ist eine wirklich besondere Eigenschaft des menschlichen Bewusstseins, denn das kann die übrige für den Menschen wahrnehmbare Welt nicht.

Die Annäherung der "Welt" an das aufprojizierte Verhalten geschieht nicht unmittelbar, sondern sie wird mit jedem erneuten Einsatz des Konzeptes ein kleines bisschen verstärkt.

Dieser Zusammenhang ist der Grund für all die immer realer werdenden negativen Entwicklungen mit denen der Mensch auf individueller und globaler Ebene konfrontiert ist.

Das klingt sehr negativ und wenn man diesen Zusammenhängen durch die Anwendung des Erkenntnisprozesses zum ersten Mal begegnet, dann fragt man sich: Wieso macht die Welt so etwas Blödes, dass sie all die falschen, negativen Erwartungen des Menschen Realität werden lässt? Ist das eine Art "Erziehungsmaßnahme"?

Nein - absolut nicht! Es ist eigentlich kein negativer Mechanismus - ganz im Gegenteil! Es ist der gleiche Mechanismus, der die ganze Evolution überhaupt erst im positiven Sinne ermöglicht hat. Es ist der Mechanismus, der jeglicher Entwicklung zugrunde liegt. Es ist der Mechanismus, der unter anderem die positiven genetischen Variationen hervorbringt:

Das Bewusstsein (das Ich) entfaltet sich in der Materie und dehnt dabei die Grenzen aus, die die Materie ihm setzt. Das ist zunächst immer ein etwas mühsamer, experimenteller Prozess, doch die Materie folgt der Ausdehnung dann und ermöglicht dem Bewusstsein so Verhalten, das ursprünglich nicht möglich war.

Ein Beispiel dafür ist das aufrechte Gehen und die Entwicklung des menschlichen Körpers: Wie im Rahmen der Evolutionsbeobachtungen völlig richtig festgestellt wurde, hat sich der menschliche Körper erst schrittweise zu dem entwickelt, was er heute ist. In dieser Entwicklung gab es eine Entwicklungsstufe, als der Körper noch nicht für aufrechtes Gehen ausgelegt war. Aber das dem Körper damals innewohnende Bewusstsein war irgendwie intuitiv der Meinung "Ich kann aufrecht gehen." Das ist die der Entwicklung zugrunde liegende Idee. Also versuchte jenes damalige Lebewesen immer wieder aufrecht zu gehen, was sicher mühsam war und zunächst immer nur kurze Zeit funktioniert hat. Aber jenes frühgeschichtliche Ich projizierte die Idee vom aufrechten Gehen über sein Verhalten auf seinen Körper, der sich daraufhin in seinem Verhalten an die Idee immer mehr annäherte und sich der Idee entsprechend veränderte. So funktioniert Evolution. Ich nenne es deshalb das "Evolutionsprinzip". Mit Zufall hat das absolut gar nichts zu tun.

Und nun hat sich dieser eigentlich positive Mechanismus durch die Anwendung einer falschen Weltsicht gegen den Menschen gewandt. Das führt unter anderem dazu, dass sich auch immer mehr Krankheiten genetisch verankern und der menschliche Körper eine genetische Degeneration erfährt. Ich werde später beim Thema Heilung ausführlicher darauf eingehen.

In weniger komplexen Bewusstseinsformen ohne einen rationalen Verstand werden die Aktivitätsimpulse des Bewusstseins direkt ohne rationale Reflexion auf die Materie übertragen. Die Evolution läuft deshalb maximal effektiv ab, weil die Materie sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten ohne Einschränkungen durch einen Verstand an diese "Aktivitätsideen" anpasst und entsprechend weiterentwickelt. Allerdings sind die Entwicklungsmöglichkeiten ohne rationalen Verstand eben auch beschränkt, was die Entwicklung der rationalen Gehirnfunktion rechtfertigt, auch wenn diese Entwicklung zunächst in einen Irrweg geführt hat.

Wenn der Mensch in seinem Verhalten in Bezug auf die Welt von einer falschen Idee ausgeht und sein Verhalten von dieser falschen Idee bestimmen lässt, dann nähert sich die Welt ihrerseits in ihrem Verhalten dieser falschen Sichtweise an. Der Mensch begegnet damit seiner Weltsicht im Außen. Der Mensch erfährt seine Weltsicht bzw. "durchlebt seine Weltsicht als Erfahrung". Wenn er dann aber immer weiter an dieser falschen Idee festhält, dann nehmen die negativen Entwicklungen im Verhalten der Welt über kurz oder lang derart negative Ausprägungen an, dass es zu einem Kollaps oder Zusammenbruch kommt, der entweder als allerletzter Aufruf zu einem Umdenken verstanden wird oder eine Entwicklungslinie komplett beendet. Und das ist die reale Ausprägung eines indirekten Beweises, wie es ihn auch in der Mathematik gibt: Man geht von einer falschen Idee aus und entwickelt sie so lange weiter, bis es zu einem Widerspruch kommt. Und damit ist es bewiesen: Dass die Idee falsch ist.

Das Prinzip des indirekten Beweises geht weit über die Mathematik hinaus. Es ist eine Art universelles Prinzip des gesamten Universums. Die sich immer mehr verstärkenden Krisen und Probleme sind "der Beweis", dass die gegenwärtig vorherrschende wissenschaftliche Weltsicht in ihrer verallgemeinerten Form falsch ist.

Wenn ein Mensch über sein Verhalten eine falsche negative Sicht auf einen Teil der Welt projiziert und dieser Teil der Welt dadurch in ein Verhalten gezwungen wird, das eigentlich nicht seinem Wesen entspricht, dann entsteht eine Art "negative Zwangsbeziehung", die beiden Seiten schadet und auf beiden Seiten Energie völlig sinnlos "verbrennt". Wenn im Erkenntnisprozess diese erstaunliche, unerwartete Auflösung des zuvor scheinbar ins Unendliche gesteigerten Konfliktes geschieht, dann wird das als entspannend, erlösend und erleichternd empfunden. Das ist genau die energetische Auflösung dieser negativen Zwangsbeziehung.

nächstes Kapitel: Die verborgenen Ursachen (Erkenntnis)